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09/24

Sexismus als Waffe der Verzweiflung

Sexismus als Waffe der Verzweiflung
Fotos: Shutterstock

Wie der gekränkte und vulgäre Donald Trump Kamala Harris angreift und damit männliche Untergriffigkeit weiter legitimieren könnte. Und warum viele erfolgreiche Frauen diese ekelhafte Waffe kennen.

Es ist ein altes Spiel, dass mit Frauen konkurrierende Männer oftmals als letzte Kampfinstanz in sexistische Gefilde abdriften. Emanzipatorische Bewegungen, der Zahn der Zeit und mutige Vorbilder haben in der Geschichte immer wieder gläserne Decken durchbrochen, um in der Geschlechterfrage mehr Gerechtigkeit zu erreichen. Dass ältere Generationen, darunter der Anwärter auf das Amt des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, diese Veränderungen nicht einsehen wollen, ist noch immer deutlich spürbar. Mit der Staffelübergabe von Joe Biden an Kamala Harris, hat Trump den einfacheren, weil mutmaßlich senilen Gegner verloren, auf den er sich so lange eingestellt hatte. Und gefolgt ist der Alptraum des medial viel zitierten „alten weißen Mannes“. Denn die Kombination aus Frau und „Person of Color“, der man nicht alleine das Wort „Schwarz“ zuordnen kann, weil Harris indische und jamaikanische Wurzeln hat, war zu viel an gegnerischer Übermacht. Mensch mit Migrationshintergrund UND eine weibliche Politikerin. Ein rotes Tuch für Donald Trump, der seinem scheinbaren Bildungsniveau entsprechend sofort loslegte: „Ich wusste nicht, dass sie schwarz ist, bis sie vor ein paar Jahren zufällig schwarz wurde, und jetzt will sie als schwarz bekannt sein. Ich weiß also nicht, ist sie indisch oder ist sie schwarz?“

„Obwohl er sich schon mehrmals im Ton vergriff und namhafte RepublikanerInnen ihn zu mehr Zurückhaltung mahnten, passierte es erwartungsgemäß wieder: Donald Trump provozierte im Wahlkampf erneut auf sexistische Weise.“

Der weiße Stolz einer ganzen Generation, an deren ideologischer Spitze der superreiche Trump steht, bröckelt nicht nur, er zerbirst. Die SympathisantInnen der „White Supremacy“ – einer rassistischen Ideologie, die von der angeblichen Überlegenheit weißer Menschen ausgeht – sind irritiert von der deutlich auftretenden, souverän agierenden Präsidentschaftskandidatin der DemokratInnen. Und obwohl er sich schon mehrmals im Ton vergriff und namhafte RepublikanerInnen ihn zu mehr Zurückhaltung mahnten, passierte es erwartungsgemäß wieder: Donald Trump provozierte im Wahlkampf erneut auf sexistische Weise, indem er eine vulgäre Bemerkung über seine Konkurrentin Kamala Harris verbreitete. So teilte er auf der von ihm mitbegründeten Plattform „Truth Social“ den Beitrag eines anderen Nutzers, der andeutete, dass sexuelle Gefälligkeiten Harris’ politische Karriere für sie positiv beeinflusst haben könnten. Im Posting ist ein älteres Bild von Kamala Harris an der Seite der früheren US-Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zu sehen. Der Kommentar aus unterster Schublade lautete dazu: „Lustig, wie sich Blowjobs auf ihre beiden Karrieren unterschiedlich ausgewirkt haben …“ Auch wenn Trump die Zeilen nicht selbst verfasst hat, das Teilen dieses Inhalts griff auch Hillary Clinton an, die nach jahrelanger öffentlicher Schmach für den Fehltritt ihres Mannes erneut eine imaginäre Ohrfeige kassierte.

Betreffend Kamala Harris schießt er mit Waffen, die eines seriösen Politikers nicht würdig sind, die aber durch die weltweite mediale Erwähnung weiter Legitimation im gesellschaftlichen Alltag anderer Männer schaffen. Für so manchen Mann ist es die Bestätigung, dass eine erfolgreiche Frau sich „hochgeschlafen“ haben muss oder man sie bei fehlenden Argumenten einfach nur verletzen oder diffamieren muss, um zu siegen. Nicht nur Frauen, die sich je um Führungspositionen oder hohe Ämter beworben haben, sondern jede Frau kennt diese tieffliegenden Geschosse. Aber sie sind nichts weiter als der gekränkte Stolz falscher Männlichkeit und pure Angst, gepaart mit Machtverlust.

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Redakteurin Victoria Preining setzte sich eingehend mit der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris auseinander. Warum Harris eine Frau der Premieren ist, weshalb sie als Hoffnungsträgerin gilt und welche Herausforderungen im Wahlkampf auf sie warten, lesen Sie im Porträt über die Politikerin.

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  • Veröffentlicht: 30.08.2024
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